Der Herr an der Zitadelle

Der Freitag ist dem Moslem was dem Christ sein Sonntag. Daher ist auf den Straßen viel weniger los als gestern und viele Geschäfte haben geschlossen. Vielleicht ist das der Grund, dass wir lange ausschlafen können? Jedenfalls gönnen wir uns Hummus zum Frühstück und danach wandern wir einfach mal los, dringen in weniger touristische Gefilde der Stadt vor.

Anstehen für Brot.

Wir laufen durch breite Straßen und schmale Gassen. An einem Platz wird aus einer Tür Brot verkauft, eine lange Schlange drängt sich davor. Sie kaufen die Brote gleich stapelweise und einige breiten ihren Kauf anschließend direkt vor Ort auf Bänken oder kleinen Geländern aus, vielleicht zum trocknen? Ob es hier auch um subventioniertes Brot für die ärmeren Bevölkerungsschichten geht, wie ich es aus Ägypten gehört habe?

Dieser Mann hat schon Brot und auch nichts dagegen, fotografiert zu werden. Ein anderer fragt mich aber auf französisch, warum ich Brot fotografiere.

In den Gassen bitten mich ein ums andere Mal Kinder um ein Foto, sogar eine ganze Bande - ein Junge hatte gefragt, und schon kamen sie aus allen Richtungen gelaufen.

Die Rasselbande von Aleppo.

Der Freitag gibt uns die Möglichkeit, viele beeindruckende Fassaden zu bestaunen, die anderntags mit Waren behangen wären. Wenn hier und dort doch mal ein Geschäft geöffnet hat, gehört es vielleicht einem Christ. Apropos Christ, einer Kirche begegnen wir auch, und davor parkt das, was ich nur als "Pastormobil" bezeichnen kann: Ein großer Jeep mit Engelsfiguren rund um die Dachreling und einem großen Kreuz obendrauf.

Nach einer Weile treffen wir auf die Zitadelle. Groß thront sie vor uns auf einem gewaltigen Hügel, so dass ich schon das Weitwinkelobjektiv bemühen muss. Nicht allerdings, ohne vorher ein Foto von zwei Jungs und einem süßen Kätchen zu machen, das auch Sandra auf dem Schoß gesetzt bekommt.

Oben: Die rote Katze, Sandra und die Aleppo Boys.
Unten: Jan vor der Zitadelle

Wir beginnen, die Zitadelle zu umrunden und geraten mit einem jungen Syrer ins Gespräch, der sehr gut deutsch kann und eine deutsche Frau hat, die - festhalten - für den DED arbeitet und mit der Sandra während ihrer Kambodscha-Vorbereitung schon mal gesprochen hat. Die Welt ist zu klein!!!

Er leiht uns wie selbstverständlich eine SIM-Karte für unser Handy, weil er drei Stück hat und die gar nicht alle braucht. Außerdem lädt er uns zu sich ein, entweder zu seiner Familie aufs Land, wo er bis Sonntag sein wird, oder zu sich in seine WG in Aleppo.

Kaum zu fassen. Ganz baff laufen wir nach dem Abschied weiter uns erklimmen die Zitadelle. Wunderschön! Ein fantastischer Blick über die Stadt, unbeschreiblich, an dieser Stelle werde ich Fotos einfügen:

Oben: Hier geht's rauf auf die Zitadelle.
Mitte: Blick über Aleppo.
Unten: Sandra und Jan, selbstausgelöst.

Auf unserem Rückweg durch den Suq lauert uns ein charmanter franko-Armenier auf, bei dem wir eine Kette kaufen, nachdem wir ihn gar nicht mal absichtlich sondern nur aufgrund der akuten Geldsituation in unseren Taschen um rund 70% runtergehandelt haben. Das alles verlangt eine kurze Pause und dann einen Abstecher ins Internet. Dann ist auch schon Abendessenszeit.

Wir irren ein wenig umher, weil wir uns so recht zu nichts entscheiden können, bis wir Achmad wiedertreffen, den Touristenführer, der uns gestern zum Tee eingeladen hatte. Er nimmt uns mit in ein verstecktes Lokal in einem Hauseingang und mit Unterstützung eines Muttersprachlers ist es auch kein Problem, etwas vegetarisches zu bekommen.

Schließlich beiße ich in eine Chili-Schote, weil Achmad die wie nichts wegmümmelt und ich annehme, sie seien mild. Hui! Oder auch: Holla, die Waldfee. Dann besorgen Sandra und ich uns Fruchtshakes von bekannter Adresse und zwei ölgebackene Käsestangen, nehmen alles mit auf unsere Dachterrasse (Varanasi-Vergleich?) und verzehren es zum Sonnenuntergang. Danach Tagebuch.

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